Monsun, Phat Thai und Honeymoon

„Heißt du jetzt Wing Lu?“, wird meine Frau von ihrem Kollegen gefragt. Seine nicht ganz ernst gemeinte Frage verneint sie belustigt und erzählt mit einem Schmunzeln weiter von einem, nicht mehr ganz ursprünglichen, aber immer noch sehr spannenden, freundlichen und erkundenswerten Land, in dem wir das „Backpacken“ kennenlernen durften und geheiratet haben. Thailand hat zwar an der Mehrheit seiner Orte kaum die Abgeschiedenheit des kalten Nordens Europas zu bieten, die uns auf Tour sonst so vertraut und lieb geworden ist, dafür ist es hier zur Abwechslung mal warm.

Naja,… erst einmal ist es zu warm, wenn man die klimatisierte Riesenhalle von Bangkoks Flughafen Suvarnabhumi nach zwölf Stunden Flugzeit verlässt. Es herrschen um genau zu sein 32° Celsius und jetzt im regenreichen Oktober kommt noch die erdrückende Schwüle hinzu, die sich mit den verschiedenen Abgasen der Stadt vermischt. Abtrennbare Hosenbeine verschaffen dabei vorerst eine gewisse Linderung.

Als Thailand-Neulinge nutzen wir nicht die Airport-Rail-Link-Stadtbahn, sondern dummerweise ein etwas teureres Taxi, das uns mittenrein in einen Stadt-Moloch kutschiert.

Geschäftige erste Eindrücke in Bangkoks berühmter Khaosan Road
Geschäftige erste Eindrücke in Bangkoks berühmter Khaosan Road

Die nächsten drei Tage kann ich zusammenfassen mit:

— Jetlag — Kreditkarte weg — Ersatzkarte funktioniert nicht — überforderte deutsche und thailändische Banken — Geld alle — Hotel neben Abrisshaus — Susi allein in Bangkok verschwunden — Handy geht nicht — Susi schwer erkältet — UND: Zu guter Letzt konnten wir im Nachtzug nach Süden die Schlafplätze nicht mehr rechtzeitig buchen und mussten uns mit einem Sitzplatz begnügen.

Was soll‘s?! So oder so ähnlich haben auch wir dann gedacht, als alles ausgestanden war. Schließlich gab es nicht nur Schlechtes. Da kann ich beispielsweise einen hervorragenden Besuch im Tempel Wat Phra Chettuphon Wimon Mangkhalaram Ratchaworamahawihan oder kurz Wat Pho nennen, exotische Küche und reges Treiben auf der Khaosan Road und, was für unseren ersten Besuch in Thailands Hauptstadt am aller wichtigsten war, ordnungsgemäße von der deutschen Botschaft ausgestellte und vom thailändischen „Ministry of Foreign Affairs“ beglaubigte Dokumente zur Trauung vor einem thailändischen Standesamt.

Wir sind nicht die einzigen Backpacker im Hauptbahnhof - liegen ist polizeilich untersagt
Wir sind nicht die einzigen Backpacker im Hauptbahnhof – liegen ist polizeilich untersagt

Damit im Gepäck machen wir es uns auf unseren SITZplätzen im Nachtzug gemütlich und reisen ins knapp 500 Kilometer südlich liegende Chumphon. 1100 Baht unserer letzten 2000 Baht sind für die beiden Tickets draufgegangen. Die nächsten Tage bringen hoffentlich Entspannung, Geld und Gesundheit mit sich.

Geldsegen im touristenarmen Chumphon

Den Umständen entsprechend haben wir gut, aber zu wenig geschlafen. Trotz zweiter Klasse ist dieser Zug sauberer als viele Züge, die so in Deutschland verkehren, vom Preis ganz zu schweigen. Im Ticket enthalten sind ein kleiner Snack, etwas zu Trinken und eine frische warme Decke.

Relativ früh am morgen und doch mit 45-minütiger Verspätung hieven wir uns (ich glaube es war irgendwann vor 07:00 Uhr) mit Gepäck aus dem Nachtzug.

Es öffnen bereits die ersten Läden und das geschäftige Treiben beginnt.

Jetzt in diesem Moment in der Provinzhauptstadt Chumphon an der Golfküste, mit ihren gerade einmal 33.000 Einwohnern, war mir das alles jedoch völlig egal und ich registrierte das nur am Rande.

Meine Gedanken drehten sich nur um diesen einen leidlichen Motor der Welt: der schnöde Mammon. Davon hing es ab, ob wir den restlichen Urlaub hier verbringen oder doch noch alles gelingt und wir außerdem heiraten könnten.

Wie man aus dem Nichts an Geld kommt fragen sich auch viele andere in Thailand hängen gebliebene und versumpfte Europäer. In unserem Fall hießen die beiden Zauberwörter „Western Union“. Wer bereits in einer finanziellen Notlage war, kennt es sicherlich. Von überall auf der Erde kann jeder der es möchte, Geld zu einer anderen Person schicken, von der er nur die persönlichen Daten benötigt und der Western Union Aktiengesellschaft einen ordentlichen Profit abgibt.

Wir waren trotzdem erleichtert, als wir um 08:30 Uhr Ortszeit, zur Öffnung der Ortsfiliale der Bangkok Bank, das von meinen Eltern überwiesene Geld in den Händen hielten. Etwas beschämt, dass ich Sie zum ersten Mal in meinem Leben ernsthaft, aber zum Glück vorrübergehend, um Geld bitten musste, sind wir nun dennoch sehr beruhigt.

In einer diesmal ruhigen Nebenstraße haben wir eine günstige Travellerunterkunft bezogen. 300 Baht kostet die Übernachtung und noch einmal 250 die beiden Fahrräder die wir ausleihen. Unser „Stefan-Loose-Reiseführer“ verspricht eine von Touristen unentdeckte Gegend. Auf den Drahteseln machen wir uns daran das zu überprüfen. Meine Hoffnung auf zumindest winzige Flecken unberührter Natur wird auf den knapp 23 Kilometern bis zum Meer zwar nicht erfüllt, aber wir sehen zur Abwechslung mal viele Plantagen, Kleinstbetriebe sowie Felder und Wiesen auf denen Wasserbüffel weiden. So erhalten wir zum ersten Mal einen kleinen Eindruck vom nicht-touristischen Thailand. Bestätigt bekamen wir das, als wir ein großes Schulgelände abseits der Stadt passierten. Die zwei Ausländer auf ihren beiden klapprigen Damenrädern waren für die Kinder scheinbar eine Attraktion. Sie liefen lachend zum Zaun des Schulgeländes, winkten den zwei Farangs zu und schrien laut „Hello“.

Nach weiteren zehn Kilometern auf verschiedenen Schlaglochpisten, gaben die Plantagenpalmen den Blick zum Meer frei. Irgendwie trostlos: Am Strand sind etliche kleine Fische und mit ihnen einiger Müll angeschwemmt worden. Schimmlige und dennoch von mehrköpfigen Familien bewohnte, halboffene Bretterbuden sind an der Küste verteilt und an der angrenzenden Straße stehen vermummte Arbeiter hüfttief in schmuddeligem, lehmbraunem Wasser, um einen Steinwall zu errichten. Überall zwischendrin wachsen tropische Pflanzen, die um ihre Daseinsberechtigung kämpfen. So sieht also der Teil von Thailand aus, der nicht für die Touristen herausgeputzt ist.

Wir folgen der Landstraße am Meer für einige Kilometer nach Süden. Am Straßenrand kaufen wir bei einer Frau mit ihrem fahrbaren Stand eine Zeitungspapiertüte mit gegrillten Bananen. Ein weiterer Mann kommt hinzu und ein Polizist mit Motorrad hält an. Alle drei scheinen sich freudig für uns zu interessieren, fast so, als wären wir die Vorboten des Aufschwungmotors „Tourismus“.

Mit gemischten Gefühlen zu diesem Thema schieben wir, nach dem Gespräch über unsere Herkunft und wohin wir wollen, die Räder über den grün bewachsenen Strand in das darauf folgende Unterholz. An dieser Stelle machen sich unsere Hängematten hervorragend im Schatten. Lang dauerte es nicht, bis alle vier Augen geschlossen waren.

Erste Entspannung am Golf von Thailand nahe Chumphon
Erste Entspannung am Golf von Thailand nahe Chumphon

Heim ging es dann im Monsun. Unseren Sachen im wasserdichten Packsack hat das nicht geschadet und uns selbst dank den 30°C auch nicht.

Für den Gang zum allabendlichen Nachtmarkt leiht uns der Herbergsvater einen großen Schirm. An den vielen kleinen, rollbaren Garküchen sind Susi und ich mit wenigen Ausnahmen die einzigen Farangs. Phat Thai ist in Deutschland eventuell noch bekannt, die ganzen restlichen Köstlichkeiten konnte ich meist nur mit Fingerzeig auswählen und für einen wirklich schmalen Taler genießen. Wir erfuhren, dass der „Durchschnittsthai“ nach Arbeit gern am Nachtmarkt einkauft, statt selbst zu kochen. Ich liebe es mich durch die verschiedenen Köstlichkeiten zu probieren, die mir aus Deutschland z.T. völlig fremd sind.

Phat Thai auf Chumphons Nachtmarkt
Phat Thai auf Chumphons Nachtmarkt

Kurze Dschungeleindrücke in Ranong

Für den nächsten Tag sollte es an die Westküste gehen. Verkehrsmittel ist diesmal ein multikulturell besetzter Toyota Minibus. Unser Fahrer fuhr in etwa, als hätte er ein eingeschaltetes Blaulicht auf dem Dach. Susi bekam das zwar nicht gut, aber dafür ging es schnell.

Dass das von Dschungel umgebene Ranong mit seinen berühmten heißen Quellen eine der regenreichsten Städte Thailands ist, können wir nun direkt bestätigen. Für zwei Deutsche, die weder heftigen, ununterbrochenen Monsun noch Regenwald kannten, ist das (trotz Nässe von allen Seiten) eine spannende Erfahrung. Bei Kokosnussshakes, Curry, gebackenem Fisch, Krabbenpasteten, Reis, Gemüsepfanne und anschließendem Bad in 40°C heißem Süßwasser klingt der Tag aus. Der Teil der öffentlich zugänglichen heißen Quellen, wird abends zum kleinen Stadttreff. Die Thais aller Altersklassen baden, quatschen, relaxen, machen Yoga und beäugen uns nebenbei etwas zurückhaltend. Wer weiß, welche Erfahrungen sie hier schon mit Touristen gemacht haben, dass keiner mehr freudestrahlend zu uns kommt und uns ausfragt. An unserer Etikette lag es schon mal nicht. Schuhe trugen wir dort keine und Susi passte sich trotz mitgebrachtem Bikini der dortigen Damenwelt an und ging in Gänze bekleidet baden.

Beim Einschlafen bekamen wir die tausenden Stimmen des Regenwaldes zu hören, der direkt hinter der Unterkunft begann.

Diesmal traf es mich. Susi war gerade mit Schnupfen, Kopf-, Hals- und Gliederschmerzen fertig geworden, da wurde ich krank. Abzusehen war es ja. Trotz ständig griffbereitem Pullover, zollten die allgegenwärtigen, kalten Klimaanlagen ihren Tribut.

Trotz Krankheit wollten wir hier nicht bleiben. Dafür regnete es zu sehr.
Ein großer in die Jahre gekommener Überlandbus befuhr die Strecke Ranong – Phuket. Fünf Stunden sollte er für diese etwas mehr als 300 Kilometer brauchen. Fast acht Stunden wurden es schlussendlich. Wütend an der ganzen Sache machte mich, dass es für die Verspätung keinen erkennbaren Grund, wie Pannen oder Stau, gab und wir jetzt zunehmend unter Zeitdruck gerieten, weil wir heute noch in einem großen Juweliergeschäft in Phuket Town nach Trauringen schauen wollten. Am Tag darauf sollte es weiter nach Kata Karon an den Strand und zu einem Schneider für Hochzeitskleid und Anzug gehen.

Hochzeitsverbereitung auf Phuket

Endlich angekommen suchten wir fix eine Bleibe, in der beschaulichen Altstadt und bestiegen ein, wie mir in dieser Stadt schien, seltenes Taxi. Ewig lang hatten wir nach einem gesucht. Ein halbe Stunde vor Schließung standen wir in einer großen prunkvoll eingerichteten Halle des Wang Talang Juweliers zwischen Dutzenden Vitrinen mit Ringen und Schmuckstücken aus Gold und Edelsteinen. Ob es auch schlichte Trauringe aus Weißgold, Silber oder Edelstahl ohne Stein gäbe, fragte Susi auf Englisch. Bis auf eine Hand voll viel zu schmuckvoll gestaltete Exemplare hatten die vielen Quadratmeter Verkaufsfläche jedoch ähnlich, wie scheinbar der Rest von Thailand, nichts dergleichen zu bieten.

Mit Misserfolg, Krankheit und auch einem bisschen Verzweiflung im Schlepptau ging es zurück in die Altstadt zum Talang Guesthouse. Das folgende Krisengespräch zum Ende des Tages findet mit Reis Omelette, einer Art Bambussprossencurry und billigem, in Thailand rezeptfreiem Antibiotika (vielleicht unvernünftig, aber offensichtlich wirkungsvoll) aus der Apotheke statt. Wegen der Ringe sind wir beide ratlos, einigen uns kurz vorm Schlafen aber noch darauf, im allerschlimmsten Fall darauf zu verzichten.

Tags darauf fühle ich mich ein klein wenig besser. Zumindest soweit, dass ich die schöne Altstadt, in der wir wohnen, auf mich wirken lassen kann. Unsere Unterkunft ist ein ehemaliges chinesisches Geschäftshaus. Schwere Doppeltüren von der Terrasse im ersten Obergeschoss zum Zimmer und weitere dunkle Holzelemente verbreiten bodenständigen Anmut.

Bis in die Mittagsstunden ist Zeit, dann startet der Linienbus nach Kata-Karon; ebenfalls auf der 543 km2 großen Insel Phuket gelegen und direkt am Meer mit Blick gen Westen. Im Netz bin ich auf ein paar glaubwürdige Berichte zu guten Schneidern in der Gegend gestoßen. Die wollen wir besuchen und in den Tagen die zum Schneidern nötig sind, Badeurlaub machen.

Bevor der Bus dahin abfährt, schlendern wir durch Phuket Town, vertreiben die Hitze mit ein paar Fruchtsmoothies vom Straßenrand, kaufen Susi eine Pumphose UND: Wie immer wenn man es nicht mehr darauf anlegt etwas zu bekommen, finden wir durch Zufall in einem Schmuck- und Piercingladen zwei Edelstahlringe, die genau unseren Vorstellungen für Trauringe entsprechen.

Zirka 20 Gehminuten sind es mit den Rucksäcken vom Talang Guesthouse bis zum Bus Terminal 1 Phuket Towns. Nach zwei Minuten sehen wir durch Zufall schon einen der Songthaew genannten Linienbusse stehen. Der Fahrer bestätigt uns Kata-Karon als Ziel und wir machen uns auf einer Sitzbank der holzbeplankten Ladefläche breit. Die zweiköpfige Besatzung des Songthaew, der eher an einen bunten peruanischen Lkw mit Holzdach über der Ladefläche erinnert, schiebt noch ganz gelassen eine 30-minütige Mittagspause am Marktplatz ein, bevor sie den Bus weiter Richtung Westküste steuert.

Drei Stunden später öffnet uns ein freundlicher Exiltibeter (oder kam er aus Nepal?) die Tür zu seinem Schneidergeschäft. Da er uns mit seinem Bruder zusammen ein gutes Angebot für Hochzeitskleid, Anzug, Weste, drei Hemden und zwei Blusen macht, lassen wir den Besuch der restlichen zwei Schneider auf unserer Liste aus und investieren die Zeit um am malerischen Strand rumzuhängen.

An der Westküste Phukets sind Sonnenuntergänge nahezu garantiert
An der Westküste Phukets sind Sonnenuntergänge nahezu garantiert

Die folgenden drei Tage bestehen für uns aus purer Erholung, nur unterbrochen vom allabendlichen Anprobieren des Hochzeitoutfits. Susis weißes Kleid ist, auf Anraten der Schneider, nicht ganz in der Ausführung entstanden wie sie es sich vorgestellt hatte. Dennoch sind wir zum Schluss, nach kleinen Verbesserungen, mit der Arbeit, der Qualität und Schnelligkeit der Fertigung zufrieden.

In der Zwischenzeit haben wir es uns am Strand und in den vielen, kleinen Restaurants redlich gut gehen lassen. Unsere Anlage nennt sich „Fantasy Hill Bungalow“. Besagte Bungalows stehen zwischen Bäumen verstreut am Hang, unweit der beiden Strände. Noch sind wir die einzigen Gäste im Resort. Die Nebensaison neigt sich aber schon dem Ende zu und das Wetter zeigt sich bereits von seiner besten Seite. Auf die Art ist selbst die Touri-Hochburg Phuket eine gute Empfehlung.

Bis jetzt konnten wir unsere Sachen lediglich jeden Abend per Hand waschen. Bei diesem längeren Aufenthalt an einem Ort ist auch endlich Zeit, um unsere Klamotten richtig durchzuwaschen. Unsere Ressortchefin übergibt sie an die Reinigung und Tags darauf erhalten wir alles frisch gewaschen, gebügelt und eingeschweißt zurück.

Derweil wird in den Schneiderstuben geschäftig genäht. Man teilt uns mit, dass das Hochzeitskleid und zwei Blusen für Susi sowie der Anzug mit Weste und drei Hemden zum vereinbarten Termin fertig werden. Deswegen kümmern wir uns gleich, um unsere Weiterreise auf die Insel Koh Tao.

Abzocke auf dem Weg ins Paradies

Zum ersten Mal seit Tourbeginn nehmen wir die Wahl der Reisemittel nicht selbst in die Hand, sondern nutzen ein Reisebüro vor Ort um die Route mit Bus und Boot zu buchen.

Diese Bequemlichkeit wird uns am nächsten Abend zum Verhängnis. Mit Erreichen der Stadtgrenze des Verkehrsknotenpunktes Surat Thani hält unser Minibus an. Wir sollen aussteigen, obwohl wir in einem Teil der Vorstadt fernab vom Hafen stehen. Noch sehr schlaftrunken und verdutzt nehmen wir unser Gepäck. Eine Frau, die den Chef mimt, erklärt, dass das Nachtboot heute nicht ausläuft. Wir sollen gegen Zahlung von 500 Baht in ein nahes Hotel gehen und das nächste Schiff am Morgen nehmen. Bei Susi schrillen die Alarmglocken, da sie von solcher Art Betrügerei gelesen hatte. Ein Blick ins Internet und in den Reiseführer bestätigt die Vermutung. Das Nachtboot fährt definitiv auch heute Abend. Kosten wird es 1100 Baht. Damit konfrontiert gibt uns die Betrügerin recht. Sie spricht allerdings von einem wesentlich höheren Preis und einem Schiff mit Klimaanlage, was nicht dem Nachtboot entspricht. Unsere einzige Möglichkeit auf Unterstützung ist die örtliche Touristenpolizei. Zum Teil sprechen leider auch diese Ordnungshüter Thailands nur wenig Englisch. Zudem wird die Klärung des Sachverhaltes vermutlich zwei oder mehr Stunden in Anspruch nehmen, sofern wir überhaupt Recht bekämen. Dann ist das Nachtboot weg und die Zeit zum Heiraten auf Koh Tao wird eventuell zu knapp. Dieses Risiko ist uns zu hoch.

Wir beschließen daher auf die Polizei zu verzichten, das Geld zu bezahlen und zu hoffen, dass danach alles Weitere glatt geht. Falls wir erneut hinters Licht geführt werden, markiere ich mir für die Polizei das Wohnhaus der Frau im GPS. Ein Taxifahrer, der offensichtlich in alles involviert ist, fährt uns zum Hafen. Vorsichtshalber fotografiere ich sein Kennzeichen. Keine Ahnung, ob uns das weitergeholfen hätte.

Mit Ankunft im Hafen erhalten wir unsere Tickets. Natürlich ist es nicht das versprochene Schiff mit Klimaanlage. Es ist das Nachtboot, das wir bereits im Internet gesehen haben. Die 25 abgezockten Euro schmerzen in der Urlaubskasse zwar nicht übermäßig, aber so frech angelogen zu werden kann ich nicht einfach runterschlucken und bin wahnsinnig sauer! Unserer Fahrt zur Trauminsel steht nun aber nichts mehr im Wege.

In Surat Thani legt das Nachtboot Richtung Trauminsel ab
In Surat Thani legt das Nachtboot Richtung Trauminsel ab

Griesgrämig folge ich Susi an Bord. Es gibt zwei Decks für uns. In das Untere schiebt man halb gebückt sein Gepäck. Am Boden des oberen Decks liegen in zwei langen Reihen Matratzen am Rand. Für europäische Reisende hat dieser Anblick etwas sehr Abenteuerliches. Die Matratzen sind etwa 80cm breit, 170cm lang und in ihrem Leben möglicherweise noch nie gereinigt worden. Ich denke daran, dass dies meine Hochzeitsreise ist und muss schmunzeln. „Wir machen hier schon mal keinen langweiligen Pauschalurlaub.“, denke ich bei mir und lege mich auf Matratze eins. Susi platziert sich direkt daneben. Ihr behagt dieses landestypische Reisemittel nicht ganz so wie mir. Genügend Reisetabletten und ein robustes Näschen für unseren schweißigen Nachbarn bescheren ihr dennoch eine ruhige Nacht. Trotz rauer See werden unsere Träume nur einmal kurz unterbrochen. Weil es durch die eigentlich geschlossene Bordwand reintropft, muss die gesamte Menschenreihe der Steuerbordseite, ca. einen halben Meter in Richtung Schiffsmitte rutschen.

Ein Traum im Golf von Thailand

Nach nicht ganz acht Stunden und 120km erreicht das Nachtboot den Hafen von Mae Haad auf Koh Tao. Schwerer Monsun hängt über der Insel. Für unser Traumresort hatten wir uns bereits ein paar Tage zuvor entschieden. Ein Pick Up Taxi fährt uns über eine teilbetonierte Dreckpiste durch den Dschungel bis auf wenige hundert Meter vor den Eingang des Sai Thong Resort & Spa. Den restlichen Weg überwinden wir zu Fuß. Trotz Regen haben wir ein ruhiges, malerisches Fleckchen Erde gefunden. Im Tagesverlauf klart es sogar noch in Gänze auf. Die Sonne lässt das Wasser diamanten glitzern, den Sandstrand hell erstrahlen und die Vegetation in noch satterem Grün wirken als zuvor. Das Sai Thong Ressort hat noch kaum einen Gast. Damit wirkt die Bucht noch abgeschiedener und exquisiter.

Diese Art Schönheit ist uns noch nie zuvor begegnet. Seht bitte selbst:

Der Strand des Sai Thong wird unsere Hochzeitskulisse
Der Strand des Sai Thong wird unsere Hochzeitskulisse

Am 20.10.2014 gegen 16:15 Uhr konnten wir in dieser überwältigenden Bucht unsere Ehedokumente unterschreiben und ohne einen Anflug von Stress den Tag genießen. Nie hätten wir uns träumen lassen an unserem Hochzeitstag, im Anschluss an Trauung und Fotoshooting, mit einem kalten SINGHA Bier im Golf von Thailand zu liegen.

Mit Beinamen wie „Resort“ oder „Spa“ denke ich automatisch an europäischen Standard in der Unterkunft. Dabei war die nächtliche Ameisen- und Eichhörncheninvasion schon grenzwertig. Aber unser Gepäck (abgesehen vom Essen) und unser Bett mit Moskitonetz waren allen ungebetenen Gästen egal. Von daher hatten wir mit dem bisschen mehr Adventurefeeling kein Problem.

Die Natur, die an Land schon so spektakulär und artenreich erscheint, setzt sich im Wasser unvermindert fort. Wir werden von bunten Fischschwärmen, Anemonen, Korallen, Riesenmuscheln, Seeigeln und Hornhechten in den Bann gezogen. Selbst Blaupunktrochen, kleine Schwarzspitzenhaie und eine große Wasserschildkröte kreuzen unsere Unterwasserwege. Mehr kann man sich wirklich nicht wünschen!

Von unserer auf Stelzen stehenden Hütte, die direkt in den Felsen am Wasser gebaut wurde, hatten wir einen herrlichen Blick auf die Bucht und das offene Meer. Nicht einmal bei stärkstem Monsun konnte ich mich an diesem Bild satt sehen und wäre am liebsten noch länger geblieben. Entsprechend traurig war für uns der Tag der Abreise.

Einer der Hunde des Hotels sitzt allein am Strand, um uns zu verabschieden. Ein Longtailboot holt uns 08:15 Uhr ab und fährt in den Hafen, wo wir auf einen Lompraya High Speed Katamaran umsteigen. Dieser lässt in schneller Folge Ko Phangan und Ko Samui hinter sich, bis er am Donsak Pier des Festlandes anlegt. Ein Bus des Lompraya Unternehmens bringt uns nach Surat Thani. Dort fährt gegen 21:00 Uhr der Nachtzug, in dem wir dieses Mal rechtzeitig für die Nacht zwei Betten reservieren konnten, zurück nach Bangkok.

Ein gebührendes Urlaubsende

Erholt wie mit kaum einem anderen Reisemittel verlassen wir am Bahnhof Bang Sue in Bangkok den Zug. Die beiden Tage in Thailands Hauptstadt sollen noch ein letztes Highlight werden. Dafür ist ein Zimmer in Thailands höchstem Gebäude reserviert. Mit 328 Meter, inklusive Antenne, ist der Baiyoke Sky Tower 2 das achthöchste Hotel der Erde. Dennoch kosteten uns die beiden Übernachtungen mit Frühstücksbuffet nicht viel mehr als in einem europäischen Mittelklasse Hotel. Die Sicht dazu ist allerdings Weltklasse! Vom Bett aus im 65. Stock bestaunen wir eine Stadt, die bis in den Horizont hinein reicht. Aus diesem Blickwinkel sieht Bangkok regelrecht entspannt und gemächlich aus.

Mit Ausblick vom Baijoke Sky Tower 2 klingt die Hochzeitsreise aus
Mit Ausblick vom Baijoke Sky Tower 2 klingt die Hochzeitsreise aus

Die Zeit verfliegt und nach zwei Tagen auf Märkten, in Malls und einem letzten Mal in der Botschaft ist es leider schon Zeit für den Rückweg ins 30 Grad kältere Deutschland. Etwas mehr Gebuckel ist es in der Rail Link zum Flughafen. Aus 26 Kilo Gepäck auf dem Hinflug sind nun 55 geworden. Beim Check in sind allerdings noch fünf Kilo Luft nach oben. Außerdem gesteht die nette Dame von Qatar Airways uns, dank Hochzeit, noch eine Premium Lane Karte für schnellere Ausreiseabfertigung und Fensterplätze im Flieger zu.

Manch einer mag sich nun fragen, ob dieser Urlaub eine Erholung war, ob wir zur Ruhe gekommen sind und ob das stellenweise Chaos einer Hochzeitsreise würdig war. Für uns war es definitiv genau das Richtige und wir können alle drei Fragen aufrichtig mit „Ja!“ beantworten. Es war ein vielleicht zu kurzer, aber umso interessanterer Einblick in ein überwältigendes Land. Die negativen Dinge haben Susi und mir einiges an Lebenserfahrung gebracht. Außerdem erhellen sie die positiven Dinge umso mehr. Drei Wochen im Pauschalhotel zu liegen und über die All Inculsive Verpflegung herzufallen hätte uns nach wenigen Tagen sowieso gelangweilt. In dem Sinne war die Abwechslung der Reise genau das Richtige, um vielleicht nicht immer körperlich, aber definitiv geistig zu regenerieren und auf andere Gedanken zu kommen. Die Verbindung einer solch besonderen Reise mit unserer Hochzeit hat beides nur noch spezieller und schöner gemacht. Zum Glück war dafür auch bei unseren Eltern, die als einzige in die Trauungspläne eingeweiht waren und zu Hause mitgefiebert haben, genügend Verständnis für unsere Pläne vorhanden. Vielen Dank!

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2 Gedanken zu „Monsun, Phat Thai und Honeymoon“

  1. Besten Dank von meinem Mann und mir für den tollen und ausführlichen Artikel! Wir fliegen im Winter nach Chumphon und machen gerade einen Reiseplan.

    Liebe Grüße aus Köln

    Carsten und Nicole

    1. Hallo Ihr beiden,
      Chumphon ist eine angenehme Stadt um sich etwas treiben zu lassen und ohne andere Touristen (wie es in der Hauptsaison ist, weiß ich allerdings nicht) das Flair zu genießen. Große Sehenswürdigkeiten und einsame Traumstrände fanden wir dort zwar nicht, aber die Freundlichkeit der Menschen und das leckere Streetfood am Abend haben uns genauso begeistert.

      Ich freue mich, dass der Artikel gefallen hat und wünsche eine schöne Urlaubsreise nach Thailand.

      Liebe Grüße
      Hagen

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