Unterwegs mit Stoffwindeln

Mullwindeln trocknen in Norwegen

Was dem einen oder anderen sicherlich Kopfschmerzen bereitet, ist die Frage, wie das mit dem Wickeln unterwegs funktioniert, wenn man sich für Stoffwindeln entschieden hat. Darum will ich hier meine Erfahrungen mit euch teilen, in der Hoffnung, dass ich ein paar Fragen beantworten kann. Im zweiten Teil berichte ich darüber, wie das Windeln mit Stoff ohne Unterkunft und ohne Waschmaschine funktioniert hat.

Ich habe den folgenden Artikel in zwei Teile gegliedert. Im ersten geht es darum, wie man wickelt, wenn man nur kürzer unterwegs ist, wie bei einem Arztbesuch oder einem Familienwochenende.
Der zweite Teil handelt davon, wie wir die Stoffwickelei auf unserer Elternzeitreise angegangen sind, in der wir mit unserem Bus unabhängig Europa bereisten. Hauptsächlich waren wir in Griechenland und Norwegen unterwegs und haben einen Zwischenstopp in Deutschland eingelegt. Aber dazu später mehr.

Übersicht

1 Kurz unterwegs

2 Mehrtägige Ausflüge mit Unterkunft

3 Längere Urlaube mit Stoffwindeln

3.1 Erfahrungsbericht 1: Griechenland und die Ernüchterung

3.2 Erfahrungsbericht 2: Norwegen und stolz wie nie

4 Fazit

Kurz unterwegs

Wenn ich nur ein paar Stunden außer Haus war und unterwegs wickeln musste, hatte ich Folgendes dabei:

  • eine Ersatzüberhose
  • ein bis zwei Einlagen
  • eine kleine Wickelunterlage, die wasserdicht ist und gut saugt
  • Lappen, Stoffreste, die ich mir aus einem alten Bettlaken genäht habe oder kaputte Vlieseinlagen, die die Waschmaschine nicht überlebt haben
  • ggf. eine Flasche Wasser
  • Nasstasche

Meine Mama hat mir mal eine einfache Tasche mit Magnetknöpfen aus stabilem Stoff genäht, worin ich das ganze Wickelgedöns verstauen kann.

Wenn ich den ganzen Tag unterwegs war, nahm ich entsprechend mehr Windeleinlagen und Überhosen mit. Die Stoffreste habe ich mir mal aus einem alten Bettlaken genäht und nutze sie so wie Wegwerffeuchttücher, nur eben ohne das Wegwerfen. Man kann sich auch welche mit Öl vorbereiten, aber dazu hatte ich bisher wenig Lust. Stattdessen hatte ich ein bisschen Öl dabei. Wasser reicht allerdings auch oft. Gewickelt wird dann einfach dort, wo es gerade passt. Bei Freunden auf der Couch, im Wickelraum eines Geschäfts oder (bei milderen Temperaturen) draußen auf der Bank. Wenn die Knirpse noch sehr klein sind, ist auch der Kinderwagen recht praktisch dafür.

Mullwindeln

Mehrtägige Ausflüge mit Unterkunft

Es kommt immer darauf an, ob eine Waschmaschine vorhanden ist oder nicht. An und für sich habe ich immer dabei:

  • viele Windeleinlagen für Tag und Nacht
  • Überhöschen***
  • Nasstasche***
  • Tücher/Waschlappen zum Reinigen
  • wasserdichte Unterlage, die abwaschbar ist, z. B. abwaschbare Tischdecke oder in der Wickeltasche eingebaute Unterlage
  • etwas Waschmittel zum schnellen Auswaschen von verschmutzten Überhosen oder zum Waschen in der Maschine

In Hotels würde ich nachfragen, ob eine Waschmaschine benutzt werden kann oder ob es einen Waschsalon in der Nähe gibt. Die Sachen mit in die Hotelwäscherei zu geben ist weniger ratsam. Man weiß nie, welches Waschmittel dort zum Einsatz kommt und ob den Flecken dort nicht sogar mit der chemischen Keule zu Leibe gerückt wird. Es ist deshalb immer besser selbst zu waschen, damit nicht die Windeln darunter leiden.

Ist keine Waschmaschine vorhanden, packt ihr am besten so viele Einlagen ein wie möglich. Solltet ihr eure übliche Waschroutine nicht einhalten können und Angst haben, dass die Stoffwindeln vor sich hingammeln, könnt ihr sie im offenen Windelsack deponieren, sodass viel Luft herankommt oder ihr spült sie aus, um schon mal das Gröbste zu entfernen. Anschließend hängt ihr sie zum Trocknen auf und sammelt sie in einem Wäschesack. Zu Hause können die Windeln dann in der Maschine richtig durchgewaschen werden.

Längere Urlaube mit Stoffwindeln

Mehrere Tage oder Wochen unterwegs, aber ohne Unterkunft und Waschmaschine: Das stellt vermutlich die größte Herausforderung für uns Stoffwickler dar. Meine Erfahrungen hierzu beruhen zunächst auf einen sechswöchigen Urlaub in Griechenland und ich muss leider schon gestehen, dass das Experiment etwas daneben ging, aber ich berichte trotzdem mal, wie es lief.

Erfahrungsbericht 1: Griechenland und die Ernüchterung

In Griechenland waren wir mit unserem T4 Bus unterwegs. Dort haben wir eine Schlafstätte drin, die wir auch gleichzeitig als Wickelplatz nutzten. Als Arttu noch kleiner war und nicht so viel herumgewirbelt hat, habe ich im Auto auch mal auf dem Sitz gewickelt. Aber nun, da Bulli Balu für einige Wochen unser Zuhause sein würde, musste eine praktikablere Lösung her. Für die Anreise und den absoluten Notfall hatte ich Ökowindeln von Moltex* dabei. Da ich ja noch nicht wissen konnte, wie sich das mit dem Waschen in der Realität gestalten würde, schien mir das die praktikabelste Lösung zu sein. Zudem war noch fraglich, wie lange die Anreise genau dauern und wo die erste Waschgelegenheit auf uns lauern würde.

Wickelplatz im T4

Als Wickelunterlage habe ich eine alte wasserabweisende Tischdecke statt wie sonst eine wasserundurchlässige saugstärke Unterlage genutzt. Achtung, man sollte sie nicht klein schneiden, sondern lassen wie sie ist. Man weiß nie, wann man mal etwas mehr Fläche braucht. Gerade Jungs schaffen es ja, in alle Richtungen zu pieseln.

Ich habe alle Überhöschen, die ich hatte, eingepackt. In meinem Fall waren das acht Stück. (Zu Hause brauchte ich einfach nicht mehr.) Ich fand das manchmal etwas zu wenig. Arttu wurde zu dem Zeitpunkt noch voll gestillt und damit ging ein unvorhersehbarer Stuhlgang einher, sodass auch mal nach zwei Tagen alle Höschen eingesaut waren. Wenn man eine Unterkunft mit Waschmöglichkeit und Schutz vor Naturgewalten hat, sieht das selbstredend etwas anders aus.

Pop-in-Überhosen
Kombination mit Überhose ist empfehlenswert. Hier sind Pop-ins zu sehen bei denen die Überhose aus dünner Baumwolle besteht und der innere Teil aus Pul.

Ich hatte aus Mangel an Platz 23 Mullwindeln dabei. Ich habe zwei für die Nacht und fünf für den Tag eingerechnet. Und dies auch nur im Extremfall. Denn hauptsächlich wollte ich Arttu so selten wie möglich eine Windel anlegen und ihn lieber nackig auf einer Decke spielen lassen. Geplant war, die paar verschmutzten Windeln aller zwei Tage auszuspülen, mit biologisch abbaubarer Seife und Bürste zu waschen und anschließend auszukochen bzw. einmal pro Woche eine Waschmaschine aufzusuchen, entweder auf den Campingplätzen oder in Waschsalons. Die benutzten Windeln sollten außerdem in einem wasserdichten Packsack gelagert werden, den man auch mal draußen zum Lüften geöffnet hängen lassen kann.

Die Realität

Im Nachhinein kann ich nur den Kopf schütteln und mich schwarzärgern, weil ich so naiv an die Sache herangegangen war. Was hat mich nur geritten so wenige Windeln mitzunehmen?

Das erste Problem tat sich auf, als wir kein Feuer machen konnten. Es war dafür leider viel zu trocken und wir hatten wirklich Angst, Brände auszulösen. Das hätten wir vorher wissen können. Also mussten wir die Windeln sammeln, bis wir eine Waschmaschine finden würden. Zur Not hatte ich ja auch Einwegeinlagen aus Zellstoff dabei, die wir Arttu in die Überhose legen konnten. An und für sich, haben die auch funktioniert, aber beim großen Geschäft quoll es fast sofort an allen Stellen heraus. Das lag wohl an der glatten Oberfläche der Windeleinlagen. Viele schwören ja auf die Einlagen von Rewe, aber vermutlich haben deren Kinder schon festeren Stuhl als mein kleiner Fratz. Was ich auch nicht so super fand, war, dass sie vorn so zusammenknautschten, weil sich der Urin nur dort sammelte und nicht gleichmäßig verteilte. Den hintere, trockenen Teil konnte ich dann nochmal benutzen und nutzte sie als Zusatz-Booster. Ich versuchte auch, den Pobereich etwas mehr auszufüllen, damit im Falle des Falles das große Geschäft nicht gleich vorbeilaufen würde. Aber das hat leider nicht geklappt, weil sich immer wieder alles verschoben hat.

Windeleinlagen aus Zellstoff
Windeleinlagen zum Wegwerfen waren nicht mein Fall.

Die Suche nach Waschmöglichkeiten

In Griechenland herrschte noch keine Saison, weshalb viele Campingplätze erst im Juni öffneten. Von daher gestaltete sich die Suche manchmal sehr nervenaufreibend.

Irgendwann fanden wir einen und juhu, er hatte in einem versteckten Winkel auch eine Waschmaschine.

Als ich an der Rezeption nachfragte, wie das mit dem Waschen hier läuft, war ich recht erstaunt, als mir der extrem verpeilte Herr sagte, dass das Waschen fünf Euro pro Maschine kosten würde. Es scheint üblich zu sein, aber mir war das nicht klar, weil wir bisher auf Campingplätzen immer kostenlos waschen konnten.

Die Waschmaschine durfte ich nicht selbst bedienen, auch wenn ich mit einem Griechischwörterbuch bewaffnet, die Programme hätte übersetzen können. Naja, ich nahm, was ich kriegen konnte und wusch bei irgendeinem Programm. Das Gröbste war ja eh schon rausgewaschen und am Ende roch auch alles wieder gut und ich verteilte die Windeln über selbstgespannte Schnüre am Platz.

Man sollte immer eine Wäscheleine bzw. Stricke und Klammern dabei haben, da sowas nicht unbedingt zum Standardrepertoire eines Campingplatzes gehört, natürlich auch Waschmittel.

Vielleicht fragt ihr euch jetzt, warum wir auf dem Campingplatz nicht einfach unsere Windeln wie früher auf dem Herd gekocht haben. Das wäre auch meist kostenlos möglich gewesen. Leider war unser Kochtopf absolut ungeeignet für eine so große Menge Windeln.

Der frustrierende Umstieg auf Wegwerfwindeln

Die Zeit verging, der Windelberg wuchs wieder und wir hielten weiter nach Campingplatz oder Waschsalon Ausschau. Auch in der größten Stadt unseres Umkreises, konnte uns niemand helfen. Der einzige Waschsalon dort hatte wegen der Krise zugemacht. Mittlerweile eingedeckt mit Wegwerfwindeln, beschlossen wir in belebtere Gebiete vorzudringen und dort auf einen Campingplatz zu fahren. Erneut mussten wir dort fünf Euro pro Waschladung zahlen. Der verkutschte Sprit, das zusätzliche Geld für Campingplätze, die wir eigentlich gar nicht benötigten, und die Waschmaschinenkosten waren uns dann einfach zu viel. Hinzu kam noch der Stress, aller paar Tage nach Waschgelegenheiten zu suchen.

Ganz und gar nicht stolz auf uns, brachen wir darum das Experiment „Stoffwindeln unterwegs“ vorerst ab. Das ärgert mich immer noch.

Erfahrungsbericht 2: Norwegen und stolz wie nie

Auch wenn unser Experiment zunächst gescheitert war, wollten wir auf der weiteren Tour erneut versuchen, mit Stoff zu wickeln. Nach Griechenland habe ich festgestellt, dass meine ganze Planung noch etwas ausbaufähiger ist. Ich hätte von vornherein besser planen und noch mehr Mullwindeln mitnehmen sollen.

Nach einem Zwischenstopp in Deutschland deckten wir uns mit der doppelten Menge an Windeln sowie weiteren Überhosen, Nachtwindeln, Waschlappen, dünnen Stofftüchern und Stofftaschentüchern ein. Wir lagerten die benutzten Windeln in einem Wäschenetz, das ich in einem wasserdichten Packsack transportierte. Nach Möglichkeit war dieser offen, damit Luft an die Windeln kam. Und konnten wir den Sack gerade nicht an die frische Luft hängen, verschloss ich den Packsack und war froh, nicht unbedingt den Geruch in der Nase zu haben (vor allem bei hohen Temperaturen).

Windelsack
Ein wasserdichter Windelsack darf unterwegs nicht fehlen.

Der Rest lief wieder wie gehabt: Ich habe die Windeln dann im Meer oder einem anderen Fließgewässer ausgespült. Anschließend habe ich sie mit biologisch abbaubarer Seife ausgewaschen, erneut gespült und dann nach Möglichkeit in der Sonne trocknen lassen. Damit wurden schon die ersten Bakterien und Flecken entfernt. Ich habe das ja nicht für möglich gehalten, aber Sonne bleicht wirklich phänomenal.

Fleckige Windel und dieselbe nochmal nach ein paar Stunden Sonne
Vor und nach dem Bleichen in der Sonne

Nachdem die Windeln dann getrocknet waren, habe ich sie in einem anderen Wäschenetz gesammelt und auf einem Campingplatz nochmal richtig gewaschen. Im Gegensatz zu Griechenland haben wir in Norwegen ca. einmal pro Woche einen Campingplatzbesuch eingeplant. Glücklicherweise kommt es in Norwegen auch hin und wieder vor, dass das Wasser auch in Parkplatzbädern 60 °C erreicht. So konnte ich auch hier die Windeln mit richtigem Waschmittel waschen, um einen Campingplatzaufenthalt zu sparen. Einmal haben wir auch probiert, im neuen großen Windeltopf Wasser auf dem Lagerfeuer zum Kochen zu bringen. In dem riesigen dünnwandigen Metalltopf ohne Deckel wurde es jedoch nicht heiß genug.

Lagerfeuer zum Auskochen der Windeln

Windeln überm Feuer auszukochen, war nicht so erfrolgreich

Fazit

Leider fehlt mir das Know-how dafür, mit Stoffwindeln mehr als sieben Tage autark zu reisen. Trotzdem waren wir sehr zufrieden damit, weil es wahrscheinlich das Maximum dessen ist, was aus unserer Art des Reisens im kleinen VW-Bus rauszuholen war. Ich glaube das Allerbeste wäre, wenn man sein Kind abhält, wenigstens für das große Geschäft. Ehrlich gesagt, war ich da aber nur halbherzig dabei und mir erschien das als sehr aufwendig. Ich finde es richtig klasse, wenn Eltern das schaffen.

Ich hoffe, ich konnte mit diesem doch recht langen Artikel anderen helfen. Bei Fragen, könnt ihr gern einen Kommentar hinterlassen oder mir privat eine E-Mail schreiben. Für weitere Tipps wäre ich natürlich sehr dankbar, vielleicht, brauche ich die irgendwann mal wieder 🙂 Hier nochmal eine kurze Checkliste mit allem, was ihr für das Wickeln auf längeren Reisen ohne Waschmaschine benötigt.

Auflistung wichtiger Utensilien für lange Reisen mit Stoffwindeln

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2 Gedanken zu „Unterwegs mit Stoffwindeln“

  1. Vielen Dank für deinen Artikel! Er ist sehr informativ! Und meinen Respekt dass du im Camper mit Stoffwindeln wickelst hast du, ich würde da wohl auf Wegwerfwindeln umsteigen für die Zeit.

    1. Danke dir 🙂 Ja, es ist schon herausfordernd gewesen, aber mit der Zeit ging es ganz gut. Baby Nummer zwei wird jetzt übrigens abgehalten. Dadurch sind es schon ein paar Windeln weniger. Vor allem fallen jetzt viel mehr mit großem Geschäft weg. ^^

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